Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Urteil vom 22. September 1998

Az: 23 B 97.2120

 

Leitsatz

1. Dem Betrieb einer Waschmaschine mit Regenwasser (Dachablaufwasser) stehen derzeit grundsätzlich keine Gründe der Volksgesundheit entgegen. Aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten, bei bestimmten Risikogruppen gesundheitlich gefährdeter Personen oder bei öffentlichen und privaten Einrichtungen kann im Einzelfall eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein (Fortführung von BayVGH v 13.2.1997, Az 23 B 94.2319).

VwRR BY 1999, 51-43

Tatbestand

Der Kläger teilte dem Beklagten unter Vorlage von Installationsplänen am 22. Mai 1995 mit, daß er in sein neu errichtetes Wohnhaus in eine Regenwassersammelanlage eingebaut habe und bat um satzungsmäßige Zustimmung.

Der Wassermeister der Beklagten stellte daraufhin fest, daß die Anlage seit 1994 in Betrieb sei und damit neben der Toilettenspülung zwei Waschmaschinen im Keller sowie ein Ausgußbecken im Obergeschoß mit Regenwasser versorgt würden. Weitere Auslaufhähne für Regenwasser gibt es für die Gartenbewässerung, im Heizungsraum, im Keller der Garage sowie in der Garage selbst.

Mit Bescheid vom 10. August 1995 stimmte der Beklagte dem Einbau und Betrieb der Regenwassersammelanlage zu und schränkte die Benutzungspflicht für den Betrieb dieser Anlage ein. Die Vorschriften des Zweckverbandes seien zu beachten (Ziffer 2). Die Entnahme aus der Eigenversorgungsanlage für andere Zwecke als Toilettenspülung und Gartenbewässerung werde nicht gestattet (Ziffer 3), ebensowenig der Einbau einer Entnahmestelle im Dachgeschoß und in der Kellergarage (Ziffer 4). Zur Begründung führte der Beklagte aus, daß gemäß den Richtlinien für den Einbau von Regenwassersammelanlagen die Benutzung für sonstige Zwecke außerhalb der WC-Spülung und der Gartenbewässerung nicht erlaubt werden könne.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Seine früheren Bevollmächtigten rügten eine unzureichende Begründung des Bescheids und die Nichtigkeit des § 7 Abs. 1 der Wasserabgabesatzung (WAS) des Beklagten bzw. der Wasserabgabesatzung insgesamt wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 2 und Art. 141 der Bayerischen Verfassung. Jedenfalls sei die Versagung rechtswidrig. Auch werde die Verletzung von Grundrechten geltend gemacht sowie im Hinblick auf die erheblichen Investitionskosten (ca. 10.500,00 DM) die Unverhältnismäßigkeit der Befreiung in nur geringem Umfang beanstandet.

Das Landratsamt wies mit Bescheid vom 4. April 1996 den Widerspruch zurück. Die Wasserabgabesatzung der Beklagten sei eine rechtsgültige Grundlage für die teilweise Versagung der Beschränkung. Regenwasser dürfe nur zur Toilettenspülung und zum Gartengießen verwendet werden. Zur sonstigen Nutzung im Hausbereich (Waschmaschine, Körperpflege) sei es wegen der stofflichen und bakteriellen Belastung nicht oder nur nach sehr aufwendigen Reinigungsmaßnahmen geeignet. Dem Betrieb der Waschmaschine mit Regenwasser stünden Gründe der Volksgesundheit entgegen (§ 7 Abs. 2 WAS).

Der Kläger ließ hiergegen Klage erheben mit dem Begehren,

unter Aufhebung der Ziffern 2 mit 4 des Bescheids vom 10. August 1995 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. April 1996 den Beklagten zu
verpflichten, dem Kläger die beantragte Befreiung vom Anschluß- und
Benutzungszwang vollumfänglich zu erteilen.

Die Bevollmächtigten betonten ergänzend, daß für die beabsichtigten Nutzungen von Regenwasser Brauchwasserqualität ausreiche. Es lägen zahlreiche Studien vor, die das Waschen von Wäsche mit Regenwasser für hygienisch unbedenklich erklärten.

Der Beklagte erwiderte, daß einer Beschränkung der Benutzungspflicht nur dann zugestimmt werden könne, wenn man unter gesundheitlichen Aspekten Gefährdungen der Benutzer ausschließen könnte. Das sei bei der Verwendung von Regenwasser im Hausbereich nur zur Toilettenspülung, außerhalb des Hausbereichs zur Gartenbewässerung anzunehmen. Selbst bei Vornahme entsprechender Sicherungsmaßnahmen sei es nicht gewährleistet, daß unzulässige Nutzungen stattfänden. Das Bundesgesundheitsamt sehe in der Einrichtung eines zusätzlichen Brauchwasserleitungssystems ein Gesundheitsrisiko.

Mit Urteil vom 15. Mai 1997 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 10. August 1995 und den Widerspruchsbescheid vom 4. April 1996 insoweit auf, als mit ihm nicht die Entnahme aus der Eigenversorgungsanlage im Abstellraum im Dachgeschoß, im Heizungsraum im Keller, in der Garage und im Keller der Garage gestattet wurde. Der Beklagte wurde verpflichtet, die Befreiung vom Benutzungszwang insoweit mit der Maßgabe zu erteilen, daß diese Entnahmestellen nur mit Steckschlüsseln zu bedienen seien. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen.

Die Kammer führte zur Klageabweisung aus, daß für das Wäschewaschen Wasser mit Trinkwasserqualität erforderlich sei. Das bakteriologisch belastete Regenauffangwasser genüge dafür nicht. Gründe der Volksgesundheit stünden für diesen Verbrauchszweck einer Befreiung entgegen.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung beantragt der Kläger sinngemäß,

unter entsprechender Aufhebung des Urteils vom 15. Mai 1997 sowie des Bescheids vom 10. August 1995, Ziffer 3, und des Widerspruchsbescheids vom 4. April 1996 die Beklagte zu verpflichten, den Kläger vom Anschluß- und Benutzungszwang auch für den Betrieb von zwei Waschmaschinen mit Regenwasser zu befreien.

Der Kläger trägt vor, daß nach der überwiegenden Meinung der Fachliteratur die Verwendung von Wasser in Trinkwasserqualität zum Wäschewaschen nicht notwendig sei, weil keimarme Ergebnisse auch ohne Wasser in Trinkwasserqualität erzielt werden könnten. Er verweist auf die physikalisch-chemischen Untersuchungen von Moll (Regenwassernutzung) sowie eine Abhandlung von Lücke (Brauchwasserqualität - Anforderungen und Realität), derzufolge die Nutzung des Regenwassers für das Wäschewaschen trotz gelegentlich leichter Überschreitungen der Grenzwerte von Ammonium und/oder Nitrit nicht eingeschränkt sei. Desweiteren werden die Ergebnisse von neun Pilotanlagen zur Regenwassernutzung in Hannover sowie eine Literaturstudie des Hygiene-Instituts Heidelberg (Risikobewertung der Nutzung von Regen- und Dachablaufwasser) dargelegt. Die genannten Expertisen kämen für den mikrobiologischen Bereich zusammengefaßt zu dem Ergebnis, daß das Wäschewaschen mit Regenwasser nicht gesundheitsschädlich sei. Die Verkeimung des Regenwassers sei derjenigen von natürlichen Badegewässern vergleichbar. Entscheidend müsse jedoch auf die mikrobiologische Belastung der gewaschenen Wäsche abgestellt werden. Die mit Regenwasser gewaschene Wäsche sei als keimarm zu bezeichnen und unterscheide sich damit nicht von mit Trinkwasser gewaschener Wäsche. Die Keimbelastung hänge also nicht davon ab, bei welcher Temperatur mit welchem Waschmittel gewaschen bzw. ob die Wäsche gebügelt werde. Allein durch die Trocknung würden die Keimzahlen reduziert. Nehme man hinzu, daß überall Keime existierten, entstünden durch das Waschen von Wäsche mit Regenwasser jedenfalls keine relevanten Gefahren. Die Unbedenklichkeit werde bestätigt durch die Untersuchungen von Holländer (Mikrobiologisch-hygienische Aspekte bei der Nutzung von Regenwasser als Betriebswasser für Toilettenspülung, Gartenbewässerung und Wäschewaschen) sowie der "consulaqua Hamburg".

Das Risiko einer Verwechslung von Wasseranschlüssen könne beim Kläger ausgeschlossen werden. Er besitze für Trink- und Regenwasser zwei getrennte Betriebssysteme nach dem neuesten Stand der Technik. Insbesondere bei den Waschmaschinenanschlüssen sei - etwa durch Kinder - eine versehentliche Wasserentnahme zu anderen Zwecken nicht möglich. Trotz der Verwendung von Regenwasser seit zweieinhalb Jahren im Haushalt mit drei Kleinkindern sei es bisher zu keinem Gesundheitsschaden gekommen. Aus alledem folge, daß ein Risiko für die Volksgesundheit gemäß § 7 WAS nicht gegeben sei und eine Befreiung erteilt werden müsse.

Die Bevollmächtigten des Klägers setzen sich mit der vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Stellungnahme des Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft vom 10. Dezember 1997 sowie den dazu übermittelten Anlagen auseinander. Das Landesamt spreche von eventuell entgegenstehenden psychohygienischen Gründen und einem geringen Wasserspareffekt, mache aber keine Aussage zur Gefährlichkeit der angestrebten Nutzung. Die Untersuchung des Bayerischen Gemeindetags (Regenwassernutzung im Haushalt) stamme vom April 1992 und berücksichtige somit die neueren Erkenntnisse nicht. Die Studie des Hygiene-Instituts der Universität Heidelberg (Risikobewertung der Nutzung von Regen- und Dachablaufwasser) sehe in der Nutzung des Regenwassers zum Wäschewaschen eher ein technisches Problem, komme aber zu dem Schluß, daß eine solche Nutzung möglich sei. Auch nach den Aussagen von Lowie (Regenwassernutzung in Köln) ergäben sich keine konkreten Tatsachen, die das Waschen der Wäsche mit Regenwasser verbieten würden. Nach dem Bericht von Rott (Erstellung einer Literaturstudie zum Thema Regen- und Grauwassernutzung) sei eine Bedenklichkeit bezüglich einer gesundheitlichen Gefährdung der Träger der mit Regenwasser gewaschenen Wäsche nicht ersichtlich. Somit sei auch nach diesen Untersuchungen eine konkrete Gefährdung der Volksgesundheit nicht zu befürchten.

Der Senat holte zur Frage der Regenwassernutzung beim Wäschewaschen noch weitere Stellungnahmen ein. Der Bund Naturschutz legte dabei Aufsätze von Holländer (Hygienestandards für Zisternenwasser; Regenwassernutzung - Hygienische Aspekte) vor und das Landesuntersuchungsamt für das Gesundheitswesen Südbayern äußerte mit Schreiben vom 17. Juli 1998, daß nach den erhobenen Befunden eine Nutzung von Regenwasser zum Waschen der Wäsche in bezug auf Infektionsrisiken in der Regel vertretbar sei. Mögliche Krankheitserreger würden weitaus häufiger über die Schmutzwäsche eingebracht als über Regenwasser.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen Antrag, hält jedoch die Berufung für aussichtsreich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen mit der Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 22. September 1998 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 S. 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung für den Betrieb von zwei Waschmaschinen mit Wasser aus der eigenen Regenwassersammelanlage. Die Versagung durch den Beklagten verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Berufung führt daher unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Stattgabe der Klage insgesamt.

Für die Beurteilung des mit der Verpflichtungsklage verfolgten Begehrens ist nach dem anzuwendenden materiellen Recht der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, hier also der 22. September 1998, maßgeblich (vgl. BayVGH v. 5.7.1991 BayVBl. 1992, 20; Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., Rd.Nr. 217 f. zu § 113).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 7 der Wasserabgabesatzung (WAS) der Beklagten vom 1. August 1990 in der Fassung der Änderungssatzung vom 1. August 1995. Der dort normierte Anspruch auf Gewährung einer Beschränkung der Benutzungspflicht auf einen Teilbedarf entspricht den Forderungen des § 35 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980 (BGBl I S. 750) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV und ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Denn die Verpflichtung der kommunalen Träger von Wasserversorgungseinrichtungen, ihre Satzungsregelungen entsprechend den Bestimmungen der AVBWasserV zu gestalten, tastet den Kern des kommunalen Selbstverwaltungsrechts nicht an. Es bleibt dem Träger der Einrichtung ausreichend Spielraum für Abweichungen, die durch die öffentlich-rechtliche Natur des Versorgungsverhältnisses geboten sind (vgl. BVerfG v. 2.11.1981 NVwZ 1982, 306).

Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, wenn ein kommunaler Einrichtungsträger zwar den Beschränkungsanspruch in seine Wasserabgabesatzung übernimmt, diesen jedoch insoweit wieder einschränkt, als Stattgaben im Einzelfall dazu führen würden, daß der aus Gründen des öffentlichen Wohls angeordnete Anschluß- und Benutzungszwang in einer Weise unterlaufen würde, die die Erfüllung der der Ermächtigung zugrundeliegenden Aufgabe gefährdete (vgl. BVerwG v. 24.1.1986 NVwZ 1986, 483). § 7 Abs. 1 WAS hält sich im Rahmen dessen, was der Verordnungsgeber im Hinblick auf das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht nicht ausschließen wollte und durfte. Dabei verdeutlicht § 7 Abs. 1 Satz 2 WAS, daß die zusätzliche Anspruchsvoraussetzung dort entgegensteht, wo nur durch die Abnahme von Wasser aus der öffentlichen Einrichtung die Einhaltung von Rechtsvorschriften sichergestellt werden kann. Das aber bedeutet, daß, abgesehen von der Frage der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit, ein Antrag auf Beschränkung der Benutzungspflicht nur abgelehnt werden darf, wenn feststeht, daß durch den Verbrauch von Regenwasser für den beabsichtigten Zweck gesetzliche Vorschriften verletzt werden (vgl. BayVGH v. 5.7.1991 a.a.O.).

Der Kläger hat gemäß § 7 Abs. 1 WAS einen Anspruch auf Beschränkung der Benutzungspflicht für den Verbrauchszweck Waschmaschine, weil dem Waschen der Wäsche mit Regenwasser (Dachablaufwasser) derzeit Gründe der Volksgesundheit, auf die sich der Beklagte allein beruft, nicht entgegenstehen. Hierbei handelt es sich um einen Rechtsanspruch, ohne daß dem Beklagten ein Ermessensspielraum zustünde (vgl. BayVGH v. 10.8.1984 VGH n.F. 37, 83/84).

Die Gewährung der begehrten Beschränkung scheitert nicht an Gründen der Volksgesundheit, da für das Wäschewaschen grundsätzlich nicht Wasser in Trinkwasserqualität im Sinne der Trinkwasserverordnung in der Fassung vom 5. Dezember 1990 (BGBl I S. 2600) erforderlich und eine Gesundheitsgefährdung durch den Betrieb der Waschmaschinen des Klägers mit Wasser aus der eigenen Regenwassersammelanlage auch im Einzelfall nicht feststellbar ist.

Nach den in das Verfahren eingeführten Informationsquellen hält die bakterielle bzw. mikrobiologische Belastung von Regenwasser (Dachablaufwasser) in aller Regel die Grenzwerte der EG-Richtlinie 76/160/EWG für Badegewässer ein. Diesen Befund wertete das Landesuntersuchungsamt für das Gesundheitswesen Südbayern im Schreiben vom 17. Juli 1998 als Indiz dafür, daß eine Nutzung von Regenwasser zum Waschen von Wäsche in bezug auf Infektionsrisiken in der Regel vertretbar sei. Holländer pflichtete dieser Einschätzung in seiner Veröffentlichung "Mikrobiologisch-hygienische Aspekte bei der Nutzung von Regenwasser als Betriebswasser für Toilettenspülung, Gartenbewässerung und Wäschewaschen" (Gesundheitswesen 58 (1996) S. 288 ff.) bei, mit der Aussage, daß bei der Nutzung von Regenwasser für das Wäschewaschen eine gesundheitliche Beeinträchtigung ebensowenig zu befürchten sei wie beim Baden in Gewässern, deren Wasserqualität den Vorgaben der EG-Norm entspreche. Die Festlegung der dort genannten Werte erfolgte unter der Voraussetzung, daß beim Baden ein Ganzkörperkontakt mit Wasser stattfindet und ein versehentliches Verschlucken von Wasser vorkommen könne. Maßgebliches Gewicht für die Bewertung des Gesundheitsrisikos, das von einer mit Regenwasser gewaschenen Wäsche ausgeht, ist insbesondere den bei speziellen Untersuchungsreihen gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen beizumessen. Dabei ergab sich, daß die bakteriologische Beschaffenheit von mit Regenwasser gewaschener Wäsche der Restverkeimung von mit Trinkwasser gewaschener Wäsche entsprach. Das Ausmaß der Restverkeimung sei nicht so sehr vom mikrobiologischen Zustand des Waschwassers als vielmehr vom Verschmutzungsgrad der Wäsche abhängig gewesen. Die entscheidende Keimreduktion erfolge während des Trocknungsvorgangs, der selbst bei hoher Vorbelastung im feuchten Zustand zum Absterben der Bakterien führe. Nach der Trocknung sei die mit Regenwasser gewaschene Wäsche keimarm und nicht von der mit Trinkwasser gewaschenen Wäsche zu unterscheiden gewesen (vgl. hierzu Holländer, Hygienische Aspekte bei der Wäsche mit Regenwasser, Forum Städte-Hygiene 44 (1993) September/Oktober S. 252 ff.; Moll, Regenwassernutzung, Fachliche Berichte HWW 9. Jg. (1990) Nr. 2 S. 33 ff.; Lücke, Brauchwasserqualität - Anforderungen und Realität, WAP 3/96 S. 19 ff.; Untersuchung "Regenwassernutzung in Hamburg" der consulaqua vom 9.11.1995). Das Hygiene-Institut der Universität Heidelberg schloß sich in einer Literaturstudie (Risikobewertung der Nutzung von Regen- und Dachablaufwasser, Veröff. PAÖ, Band 12, September 1995 S. 389 ff.) nach Auswertung zahlreicher Erkenntnisquellen der allgemeinen Literaturmeinung an und zog das Resümee, daß die Wäsche mit Regenwasser gewaschen werden könne. All diese Abhandlungen lassen ein erhöhtes gesundheitliches Risiko nicht erkennen, wenn die Wäsche anstelle von Trinkwasser mit Regenwasser gewaschen wird. Dabei bleibt unerheblich, bei welcher Temperatur und mit welcher Waschmittelzugabe der Waschgang erfolgt und ob die Kleidungsstücke noch gebügelt werden. Nicht unerwähnt bleiben soll auch die plausible Annahme des Landesuntersuchungsamtes für das Gesundheitswesen Südbayern (a.a.O.), daß mögliche Krankheitserreger weitaus häufiger über die Schmutzwäsche eingebracht werden als über Regenwasser.

Der Senat verkennt nicht, daß der Eintrag von Erregern in das gesammelte Regenwasser möglich ist. Gleichwohl kann aufgrund der empirischen Resultate davon ausgegangen werden, daß die Übertragung von Infektionskrankheiten über die mit Regenwasser gewaschene Wäsche äußerst unwahrscheinlich ist (vgl. Holländer, a.a.O.). Ein gewisses Hygienerisiko wird vielmehr lediglich in möglichen Fehlinstallationen, d.h. bei einer mangelhaften Trennung des Trinkwassernetzes vom Regenwassernetz gesehen (vgl. Lücke, a.a.O.; Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt am Main, Bericht über die hygienische Kontrolle bestehender Dachablaufwassernutzungsanlagen vom Oktober 1995; bga-pressedienst Nr. 38/91 vom 28.8.1991; Lowis, Regenwassernutzung in Köln, 1. Aufl. 1996). Für eine Abstellung solcher Sicherheitsmängel im technischen Bereich ist jedoch durch entsprechende Anordnungen Sorge zu tragen. Sie sind in der Regel nicht geeignet, bei Vorhandensein ordnungsgemäß getrennter Leitungsnetze deren Benutzung für bestimmte Verbrauchszwecke aus Gründen der Volksgesundheit zu versagen.

Die hygienischen Bedenken des (ehemaligen) Bundesgesundheitsamtes gegen eine Regenwassernutzung wegen Verkeimungsgefahr (vgl. BT-Drs. 11/8031 vom 2.10.1990) führen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Die bakterielle Belastung von Dachablaufwasser steht außer Frage. Welche konkreten Auswirkungen dieser Umstand auf die Träger der mit Regenwasser gewaschene Wäsche mit sich bringt, wird aber nicht näher erläutert. Entsprechendes gilt für die vom Bayerischen Staatsministerium des Innern in der Bekanntmachung an die Gemeinden vom 7. April 1993 (AllMBl Nr. 10/93 S. 659) vertretenen Auffassung, daß Dachablaufwasser zur sonstigen Nutzung im Hausbereich (Waschmaschine, Körperpflege) wegen der stofflichen und bakteriellen Belastung nicht oder nur nach sehr aufwendigen Reinigungsarbeiten geeignet sei. Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit räumte im Schreiben vom 10. Februar 1997 ein, insoweit keine allgemeingültigen Aussagen treffen zu können, hielt jedoch ein gesetzliches Verbot der Regenwassernutzung zum Waschen nicht für angezeigt. Das Bayerische Landesamt für Wasserwirtschaft äußerte in der Stellungnahme vom 10. Dezember 1997, daß gegen die Benutzung von Regenwasser zum Wäschewaschen hygienische oder/und psychohygienische Gründe sprechen könnten und verwies im übrigen auf die zuständige Gesundheitsverwaltung. Somit ergibt eine Würdigung dieser Unterlagen nicht, daß Gründe der Volksgesundheit im Sinne des § 7 Abs. 1 WAS grundsätzlich einer Benutzung von Regenwasser zum Wäschewaschen entgegenstünden. Der Senat folgt vielmehr den eingangs erwähnten erfahrungswissenschaftlichen Erkenntnissen, die vom Landesuntersuchungsamt für das Gesundheitswesen Südbayern geteilt werden, daß das Waschen der Wäsche mit Regenwasser generell kein größeres Gesundheitsrisiko birgt als das Waschen der Wäsche mit Trinkwasser.

Allerdings darf die in der Literatur vertretene Meinung nicht ohne weiteres vernachlässigt werden, daß hinsichtlich des Grades der mikrobiologischen Kontamination eine Abhängigkeit von den geographischen, topographischen und meteorologischen Verhältnissen besteht und daß bei bestimmten Personengruppen und Einrichtungen eine pauschale Beurteilung des gesundheitlichen Risikos nicht angezeigt ist (vgl. Hygiene- Institut der Universität Heidelberg, Risikobewertung der Nutzung von Regen- und Dachablaufwasser, Veröff. PAÖ, Band 13, Mai 1996 S. 33 ff.; Lowis a.a.O.). Demzufolge kann aufgrund örtlicher Gegebenheiten, etwa eines toxikologisch besonders belasteten Standorts, bei gesundheitlich besonders gefährdeten Personen oder bei öffentlichen und privaten Einrichtungen im Einzelfall eine Beurteilung dahingehend gerechtfertigt sein, daß die Verwendung von Regenwasser (Dachablaufwasser) zum Wäschewaschen die Volksgesundheit beeinträchtigt. Da der Beklagte solche Gründe im Falle des Klägers nicht dargelegt hat, verbleibt es beim Rechtsanspruch des Klägers auf die begehrte Beschränkung der Benutzungspflicht für den Verbrauchszweck Waschmaschine.

Den "Einbauvorschriften" des Beklagten, die in Nr. 4 die Entnahme von Regenwasser für die Waschmaschine verbieten, kommt keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.

Um einen Fehlgebrauch des Regenwasserleitungsnetzes zu vermeiden und dem allgemeinen Sicherheitsbedürfnis Rechnung zu tragen, sind die Wasserentnahmestellen für die Waschmaschinen im Wohnhaus des Klägers allerdings mit den Worten "Kein Trinkwasser" oder bildlich zu kennzeichnen.

Nach alldem erweist sich die Berufung als begründet. Das Urteil vom 15. Mai 1997 ist deshalb abzuändern und der Klage auf Beschränkung der Benutzungspflicht der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung für den Betrieb von zwei Waschmaschinen mit Wasser aus der Regenwassersammelanlage stattzugeben.