Hessischer Verwaltungsgerichtshof

 

Beschluss vom 31.01.1991

 

Az.: 5 N 1388/88

 

 

Tatbestand

 

Der Antragsteller ist Eigentümer des Hausgrundstückes ... H ... im Stadtgebiet der Antragsgegnerin. Für das Grundstück sind derzeit vier Personen gemeldet. Die auf dem Grundstück anfallenden Abfälle werden von der Antragsgegnerin auf der Grundlage ihrer in der O.-Presse veröffentlichten Satzung über die geordnete Beseitigung von Abfällen der A-stadt vom 9. Dezember 1982 - AbfS -, zuletzt geändert durch den III. Nachtrag vom 2. Dezember 1987, entsorgt.

 

Bezüglich des an den Antragsteller gerichteten Bescheides über Grundsteuer und Benutzungsgebühren vom 19. April 1983 war hinsichtlich der festgesetzten Müllabfuhrgebühren ein Verwaltungsrechtsstreit anhängig (VG Kassel, Urteil vom 29. Mai 1984), der im Berufungsverfahren - 5 UE 2072/84 - durch Senatsbeschluss vom 9. Oktober 1985 zum Ruhen gebracht worden ist. Der Antragsteller erhob außerdem gegen den entsprechenden Bescheid vom 29. Januar 1985 mit Schreiben vom 25. Februar 1985 Widerspruch unter Bezugnahme auf das vorgenannte Verwaltungsstreitverfahren. Über diesen Widerspruch ist bisher nicht entschieden. Die nachfolgenden an den Antragsteller gerichteten Bescheide über Grundsteuer und Benutzungsgebühren vom 29. April 1986, 20. Januar 1987 und 4. Januar 1988 - die Antragsgegnerin erlässt Abgabenbescheide nur im Änderungsfalle - sind bestandskräftig. Auf Grund des vom Antragsteller erteilten Abbuchungsauftrages sind alle bisherigen Abgabenforderungen der Antragsgegnerin erfüllt. Dem Bescheid vom 4. Januar 1988 liegt eine Müllgebührenberechnung für einen 3-Personen-Haushalt zugrunde.

 

Mit seinem Normenkontrollantrag vom 23. März 1988 wendet sich der Antragsteller gegen die genannte Abfallsatzung der Antragsgegnerin in der Fassung des III. Nachtrags. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, er habe einen Anspruch darauf, dass der Abfall von der Antragsgegnerin entsprechend den gesetzlichen Vorschriften entsorgt werde. Sie sei gemäß den §§ 2 und 3 Hessisches Abfallgesetz i.d.F. von 1985 verpflichtet, Abfälle nach verwertbaren und zu beseitigenden Stoffen getrennt einzusammeln, entsprechende Sammelsysteme anzubieten und bei der Bemessung der Abgaben für die Müllbeseitigung Anreize zur Vermeidung und stofflichen Verwertung von Abfällen zu schaffen. Diesen Verpflichtungen sei die Antragsgegnerin in ihrer Satzungsänderung vom 2. Dezember 1987 nicht nachgekommen. Die Satzung regele an keiner Stelle die Getrennteinsammlung wiederverwertbarer Stoffe, wie z.B. Altmetall. § 10 Ziffer 3 AbfS sehe lediglich die unzulässige Ermächtigung vor, dass der Magistrat der Antragsgegnerin eine entsprechende Bestimmung treffe; dies sei aber noch nicht geschehen. Derzeit werde nur das Altpapier getrennt eingesammelt. Insbesondere Altmetall und organische Abfälle würden mit dem sonstigen Hausmüll entsorgt. Die Getrennteinsammlung sei nur insgesamt oder gar nicht möglich, d.h. die Getrennteinsammlung nur von Papier sei rechtswidrig. Außerdem erfolge die Gebührenabrechnung gemäß § 17 Ziffer 1 AbfS nach dem sogenannten Einwohnergleichwert. Dies verstoße gegen § 2 Abs. 9 Hessisches Abfallgesetz i.d.F. von 1985, denn ein Anreiz zur Müllvermeidung sei bei dieser Gebührenregelung nicht gegeben. Das Gesetz verlange, dass sich die Gebühr nach der Abfallmenge bemesse. Die Erfahrung zeige, dass sich das Müllaufkommen z.B. bei einem Plakettensystem reduziere. Auf der anderen Seite sei es systemwidrig und mit der - rechtswidrigen - personenbezogenen Gebührenberechnung nicht zu vereinbaren, wenn in § 18 Ziffer 3 der Satzung auf die Müllmenge abgestellt werde und für Müllsäcke sowie die Anlieferung weiteren Hausmülls an der Müllumladestation zusätzlich Gebühren erhoben würden. Schließlich sei es fehlerhaft, dass gemäß § 18 Ziffer 1 AbfS die Mindestgebühr für jedes angeschlossene Grundstück auch dann 138,-- DM betrage, falls nur eine Person das Grundstück bewohne; die Jahresgebühr pro Einwohner belaufe sich nämlich nur auf 69,- DM.

 

Der Antragsteller ist deshalb der Ansicht, die Rechtswidrigkeit der Vorschriften über die Getrennteinsammlung und Gebührenberechnung führte zur Ungültigkeit der gesamten Satzung. Prüfungsgegenstand sei demnach die gesamte Satzung, ohne dass es dabei auf seine, des Antragstellers, Rechte ankomme. Er habe durch die Satzung jedoch auch tatsächlich Nachteile. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf § 3 (Ausgeschlossene Abfälle), § 4 (Anschluss- und Benutzungszwang), § 7 (Melde- und Auskunftspflicht), § 12 (Standplatz Abfallbeseitigung), § 14 (Sperrmüll), § 16 (Gebührenpflicht), § 18 (Benutzungsgebühr), § 20 (Haftung), § 21 (Ordnungswidrigkeiten, Zwangsmittel). Nachteilig seien aber auch die in § 10 Ziffer 3 und Ziffer 4 AbfS getroffenen Bestimmungen über die Getrennt- bzw. Nichtgetrennteinsammlung der Abfälle, denn er habe nicht nur einen Anspruch darauf, dass Müll eingesammelt werde, sondern auch darauf, dass er in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise beseitigt werde. Der Antrag müsse deshalb auch dann Erfolg haben, wenn nach dem Gesetz eine andere - an sich für ihn noch nachteiligere - Satzungsregelung geboten sei. Denn die Frage des Nachteils hänge nicht von seiner Rechtsauffassung ab, sondern sei allgemein zu bestimmen.

 

Der Antragsteller beantragt,

 

die §§ 3, 4, 7, 10, 12, 14, 16, 18, 20 und 21 der Satzung über die geordnete Beseitigung von Abfällen in der Stadt A vom 9. Dezember 1982 i.d.F. des III. Nachtrags vom 2. Dezember 1987 für ungültig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass die genannte Satzung der Antragsgegnerin (insgesamt) ungültig ist.

 

Die Antragsgegnerin beantragt,

 

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

 

Sie ist der Ansicht, ein Normenkontrollverfahren sei keine Popularklage. Deshalb müssten die vom Antragsteller angegriffenen Satzungsbestimmungen jeweils einzeln darauf untersucht werden, ob sie sich für den Antragsteller nachteilig auswirkten. Nur insoweit sei der Normenkontrollantrag überhaupt zulässig. Hinsichtlich des § 10 AbfS sei dies nicht der Fall. Denn die einschlägigen Gesetzesvorschriften hätten nur allgemeinschützenden Charakter. Es sei nicht erkennbar, inwieweit der Antragsteller durch eine weiterreichende Satzungsvorschrift über das getrennte Einsammeln von Abfall einen Vorteil haben würde. Dies habe der Senat bereits im Normenkontroll-Eilverfahren zum Ausdruck gebracht. Bezüglich der übrigen vom Antragsteller angegriffenen Vorschriften sei nicht ersichtlich, weshalb sie ungültig sein könnten. Die §§ 3, 4, 7, 12, 14, 20 und 21 AbfS stünden in keinem Zusammenhang mit den vom Antragsteller angeführten Rechtswidrigkeitsgründen. Sie verstießen auch nicht gegen das Hessische Abfallgesetz. Gleiches gelte für die angegriffenen Gebührenregelungen in den §§ 16 und 18 der Satzung. Die Gebührenkalkulation der Müllabfuhr erfolge nach dem Kostendeckungsprinzip. § 2 Abs. 9 Satz 2 Hessisches Abfallgesetz i.d.F. von 1985 bestimme, dass bei der Bemessung der Abgaben Anreize zur Vermeidung und stofflichen Verwertung von Abfällen zu schaffen seien und nenne in diesem Zusammenhang als eine Möglichkeit hierzu eine lineare Gebührenstaffelung im Verhältnis zum vorgehaltenen Behältervolumen für nicht verwertbare Abfälle. Dies bedeute, wie der Senat entschieden habe, dass die Gemeinde keinen Mengenrabatt für nicht verwertbaren Müll geben, d.h. keine degressive Gebührenstaffelung vorsehen dürfe. Dies sei hier auch nicht geschehen. Bei der gesetzlichen Regelung handele es sich zudem um eine Sollvorschrift, die in erster Linie darauf abziele, dass durch die Gebührenbemessung ein Anreiz zur Müllvermeidung und stofflichen Verwertung der Abfälle geschaffen werde. Nur in diesem Rahmen und zu diesem Zweck solle eine Staffelung nach dem Gefäßvolumen erfolgen. Eine Bemessung nach dem jeweils konkret in Anspruch genommenen Behältervolumen, die der Antragsteller offenbar für notwendig halte, würde aber mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass Abfall in anderen Müllgefäßen, z.B. Mülltonnen der Nachbarn, Papiertonnen, öffentlichen Papierkörben, oder wild in der Landschaft abgelagert werde, um Gebühren zu sparen. Auch dieser Abfall wäre dann nicht mehr verwertbar. Der Landesgesetzgeber habe inzwischen die missverständliche und unpraktikable Regelung des § 2 Abs. 9 Hessisches Abfallgesetz i.d.F. von 1985 aufgehoben. In § 2 Abs. 2 der Neufassung von 1989 werde für die Gebührenbemessung nur noch auf das Kommunalabgabengesetz verwiesen. Dort sei für die Gebührenbemessung der Rückgriff auf Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt.

 

Die Antragsgegnerin ist weiter der Auffassung, die getrennte Sammlung und Verwertung von Abfällen dürfe nur insoweit verlangt werden, als dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar sei. Im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren werde davon in M Gebrauch gemacht. Sie, die Antragsgegnerin, unterliege dem Anschluss- und Benutzungszwang für die Abfallbeseitigung des Landkreises M Da dem Landkreis keine Abfalldeponie zur Verfügung stehe, werde der anfallende Hausmüll über eine Müllumladestation zu anderen Deponien verbracht. Vom Hausmüll getrennt würden Altpapier, Altglas, Altbatterien, Sperrmüll, Sondermüll, z.T. auch kompostierbare Abfälle etc. eingesammelt und verwertet bzw. entsorgt. Eine über diese bereits bestehenden Möglichkeiten hinausgehende, getrennte Abfalleinsammlung und -verwertung lasse sich derzeit nicht realisieren. Im einzelnen würden folgende besonderen Entsorgungsmöglichkeiten angeboten: Für das Altpapier seien allen Haushalten auf Grund einer Getrenntsammlungsanordnung des Magistrats vom 29. März 1988 sogenannte "Blaue Tonnen" zur Verfügung gestellt worden. Das eingesammelte Altpapier werde in einer Papiermühle verarbeitet. Für Altglas stünden im Stadtgebiet 72 Glassammelcontainer bereit; 10 weitere Container würden in Kürze aufgestellt werden. Die Entsorgung erfolge durch eine Privatfirma, die das Altglas zu einer Glashütte zwecks Wiederverwertung bringe. Altbatterien würden in über 60 speziellen Behältern - aufgestellt im Bereich von Schulen und Bushaltestellen - eingesammelt, vom Städtischen Bauhof entleert und zur H I GmbH (HIM) zur Weiterbehandlung abgegeben. Zur Vermeidung der Freisetzung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) würden Kühlgeräte wegen der FCKW-haltigen Kühlflüssigkeit sowie Isolierschäume ebenfalls separat eingesammelt und über eine im Auftrag des Landkreises tätige Spezialfirma entsorgt. Für den übrigen Sondermüll würden regelmäßig mobile Sondermüllkleinsammlungen sowie einmal monatlich eine stationäre Sammlung vom Landkreis durchgeführt. In seinem Auftrag verbrenne bzw. deponiere die HIM den eingesammelten Sondermüll. Aus dem Sperrmüll würden durch ein von ihr, der Antragsgegnerin, finanziell unterstütztes Sperrmüll-Recycling-Zentrum wiederverwertbare Gebrauchsgegenstände aufgearbeitet und zum Verkauf angeboten. Das Recycling-Zentrum führe auch regelmäßig Werkstoffsammlungen durch, so dass insbesondere Altmetalle einer Wiederverwertung zugeführt werden könnten. Versuchsweise werde in einigen Stadtteilen gezielt Altmetall, insbesondere Dosenschrott, eingesammelt. Wegen Schwierigkeiten bei der Verwertung des Dosenschrottes sei eine Ausdehnung der Einsammlung auf das gesamte Stadtgebiet derzeit noch nicht möglich. Aus demselben Grunde finde auch keine Getrennteinsammlung von Kunststoffen statt. Kompostierbare Abfälle könnten zur Zeit nur in der Weise getrennt eingesammelt und verwertet werden, dass Grünabfälle, wie Baumschnitt, Sträucher und Laub, im Frühjahr und Herbst auf Antrag durch den Städtischen Bauhof kostenlos abgeholt und auf der städtischen Kompostierungsanlage, die eigentlich nur für die organischen Abfälle aus den städtischen Grünanlagen bestimmt sei, verwertet würden. Sie, die Antragsgegnerin, werde voraussichtlich im Jahre 1991 eine Kompostierungsanlage in Betrieb nehmen und zu diesem Zeitpunkt dann die "Grüne Tonne" einführen.

 

Die Antragsgegnerin ist schließlich der Auffassung, soweit es § 15 Ziffer 1 S.  2 AbfS zulasse, dass auf Antrag geringeres Gefäßvolumen bereitgestellt werden könne und dies beim Hausmüll - im Gegensatz zum Gewerbemüll - nicht zu einer Gebührenermäßigung führe, liege darin kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn die Vergünstigung für Gewerbebetriebe durch Bereitstellung kleinerer Gefäße werde dadurch mehr als ausgeglichen, dass der Gewerbebetrieb - im Gegensatz zum Privathaushalt - für die Papiercontainerbenutzung zusätzlich Gebühren entrichten müsse, und zwar für einen 120-l-Behälter 60,45 DM und für einen 240-l-Behälter 87,75 DM (jeweils 13/52 der Jahresgebühr). Auch § 17 Ziffer 1 Satz 3 AbfS sei nicht zu beanstanden. Die Gebührenfreiheit für das dritte und jedes weitere Kind eines Familienverbandes betreffe insgesamt ca. 150 Kinder pro Jahr. Der Einnahmeausfall von ca. 10.000,- DM werde aus allgemeinen Haushaltsmitteln getragen und nicht auf die anderen gebührenpflichtigen Benutzer umgelegt.

 

Der vom Antragsteller gleichzeitig gestellte Antrag, im Rahmen des vorliegenden Normenkontrollverfahrens eine einstweilige Anordnung zu erlassen, ist vom Senat durch Beschluss vom 16. Juni 1988 - 5 NG 1389/88 - abgelehnt worden.

 

 

 

Aus den Gründen:

 

Der Normenkontrollantrag, über den gemäß § 47 Abs. 6 Satz 1 VwGO durch Beschluss entschieden werden kann, hat keinen Erfolg.

 

Mit seinem Hauptantrag wendet sich der Antragsteller gegen einzelne Satzungsvorschriften und mit seinem Hilfsantrag gegen die gesamte Satzung der Antragsgegnerin über die geordnete Beseitigung von Abfällen in der Fassung des III. Nachtrags vom 2. Dezember 1987, das heißt auch gegen die übrigen, im Hauptantrag nicht ausdrücklich aufgeführten Bestimmungen. Diese Antragsreihenfolge entspricht nicht dem üblichen Antragstellerinteresse, mit dem vorrangig gestellten Hauptantrag mehr zu erreichen als mit dem Hilfsantrag. Gegenstand und Umfang der vom Antragsteller beantragten Normenkontrolle bestimmen sich aber nicht allein nach dem Antragswortlaut; auch das Antragsbegehren ist mit heranzuziehen (vgl. § 88 VwGO). Der Antragsteller beruft sich - entsprechend seinem Hauptantrag - im wesentlichen auf die Rechtswidrigkeit der Vorschriften über die Getrennteinsammlung und Gebührenberechnung, die seiner Meinung nach die Ungültigkeit der gesamten Satzung zur Folge habe. Bei verständiger Würdigung des Antragswortlautes und des Vorbringens des Antragstellers bedeutet dies, dass der Senat die mit dem Hauptantrag zur Überprüfung gestellten Satzungsbestimmungen kontrollieren soll und der Antragsteller mit seinem Hilfsantrag lediglich zum Ausdruck bringen will, dass die Ungültigkeit der im Hauptantrag erwähnten Vorschriften eigentlich zur Nichtigkeit der gesamten Satzung führen müsste. Der Senat hat dies aber bereits von Amts wegen insoweit zu berücksichtigen, als der mit dem Hauptantrag begehrte Ungültigkeitsausspruch gegebenenfalls auch andere Regelungen der Abfallsatzung mitumfasst, deren Bestand (Geltung) wegen untrennbaren Regelungszusammenhangs von der Geltung der primär als ungültig beanstandeten Vorschriften abhängt (vgl. Senatsbeschluss vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (194); Kopp, VwGO, 8. Aufl. § 47 RdNr. 62 und 63; Redeker/von Oertzen, VwGO, 9. Aufl., § 47 RdNr. 20, jeweils mit weiteren Nachweisen).

 

Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Bei der angegriffenen Satzung der Antragsgegnerin über die geordnete Beseitigung von Abfällen in der Fassung des III. Nachtrags vom 2. Dezember 1987 handelt es sich um eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, über deren Gültigkeit der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag zu entscheiden hat (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 HessAGVwGO).

 

Der Normenkontrollantrag ist nur teilweise zulässig, und zwar insoweit, als sich der Antragsteller mit seinem Hauptantrag gegen Teilregelungen der §§ 16 und 18 AbfS in der derzeit geltenden Fassung wendet; wegen des untrennbaren Regelungszusammenhangs sind dabei auch die §§ 15 und 17 AbfS teilweise mit zur Überprüfung gestellt. Im übrigen ist der Antrag unzulässig.

 

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann eine natürliche Person einen Normenkontrollantrag nur stellen, wenn sie durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat; Nachteil in diesem Sinne ist jede Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen. Mit Hilfe dieser Zulässigkeitsvoraussetzung soll - ähnlich wie bei Klagen nach § 42 Abs. 2 VwGO durch das Erfordernis der Geltendmachung einer Rechtsverletzung - ein Popularantrag ausgeschlossen werden. Soweit das Normenkontrollverfahren - wie hier - auf Antrag einer natürlichen Person eingeleitet wird, hat es auch die Bedeutung eines subjektiven Rechtsschutzverfahrens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 1978 - E 56,172 (175); Beschluss vom 28. August 1987 - NJW 1988,839 (841); Beschluss vom 18. Dezember 1989 - NVwZ 1990,554 (555)). Folglich muss der Antragsteller erkennen lassen, ob und inwieweit er gerade durch die angegriffene Satzungsvorschrift in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt wird. Dabei genügt die - auch schlüssige - Behauptung eines Nachteils für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags nicht; der Nachteil muss vielmehr objektiv eingetreten oder zu erwarten sein (vgl. dazu den im Eilverfahren der Beteiligten ergangenen Senatsbeschluss vom 16. Juni 1988 - 5 NG 1389/88, nicht veröffentlicht; Kopp, aaO, § 47 RdNr. 24a; Eyermann/Fröhler, VwGO, 9. Aufl. § 47 RdNr. 28; Redeker/von Oertzen, aaO, § 47 RdNr. 23, jeweils mit weiteren Nachweisen). Schließlich ist nach dem Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO noch Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der Nachteil durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung eintritt, das heißt, die Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Interessen davon abhängen muss, ob die Rechtsvorschrift gültig ist oder nicht. Daraus folgt, dass ein Nachteil nicht angenommen werden kann, wenn die vom Antragsteller geltend gemachte Beeinträchtigung in gleicher Weise auch dann vorliegt, wenn die umstrittene Rechtsvorschrift nicht wirksam ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. Januar 1989 - VBlBW 1989,180), mit anderen Worten, wenn der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb als für ihn nutzlos erscheint. Wann diese Voraussetzungen gegeben sind, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. August 1987, aaO; Beschluss vom 9. Februar 1989 - NVwZ 1989,653).

 

Für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bedeutet dies hinsichtlich der im Hauptantrag aufgeführten Satzungsbestimmungen im einzelnen:

 

Unzulässig ist der Antrag insoweit, als er sich gegen § 3 (Ausgeschlossene Abfälle), § 4 (Anschluß- und Benutzungszwang), § 7 (Melde- und Auskunftspflicht), § 12 (Standplatz Abfallbeseitigung), § 14 (Sperrmüll), § 20 (Haftung) und § 21 (Ordnungswidrigkeiten, Zwangsmittel) der Satzung richtet. Denn der Antragsteller läßt weder ausdrücklich noch konkludent erkennen, inwieweit er gerade durch diese Satzungsvorschriften oder ihre Anwendung schon einen Nachteil erlitten hat oder aber eine Beeinträchtigung zu erwarten ist. Offensichtlich ist er der Auffassung, falls die von ihm beanstandeten Vorschriften über die Getrennteinsammlung und Gebührenberechnung ungültig seien, führe dies auch zur Ungültigkeit der hier genannten Vorschriften. Dies wäre aber - wie erwähnt - vom Senat in den gebotenen Grenzen gegebenenfalls bereits von Amts wegen zu prüfen.

 

Der Antrag ist auch unzulässig, soweit sich der Antragsteller gegen § 10 AbfS (Organisation für die Abfallbeseitigung) wendet und - wie im Normenkontroll-Eilverfahren - in den Ziffern 3 und 4 das Fehlen gesetzeskonformer Satzungsvorschriften über die Getrennteinsammlung von Abfällen rügt. Der Senat hat bereits im Eilbeschluss vom 16. Juni 1988 - 5 NG 1389/88 - näher dargelegt, dass dem Antragsteller insoweit kein Nachteil entsteht. Im einzelnen hat der Senat ausgeführt:

 

"...das behauptete Fehlen ausreichender Satzungsvorschriften über das Getrennteinsammeln von Abfällen beeinträchtigt nicht rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers. Er hat keinen Anspruch darauf, dass gerade getrennt eingesammelt wird. Gemäß § 20 Abs. 1 HGO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung der Antragsgegnerin kann er lediglich verlangen, dass die Abfälle überhaupt eingesammelt (und entsorgt) werden; dies ist hier aber nicht streitig.

 

Die bundes- und landesgesetzlichen Getrennteinsammlungsregelungen dienen allein dem Wohl der Allgemeinheit. Individuelle Rechte, Interessen oder Belange Einzelner werden von ihnen nur reflexartig berührt. Bei der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung folgt dies bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen. Ausgehend vom Abfallvermeidungs- und Abfallverwertungsgebot des § 1a des (Bundes-)Abfallgesetzes (AbfG) hat gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 AbfG die Abfallverwertung Vorrang vor der sonstigen Entsorgung, wenn sie technisch möglich ist, die hierbei entstehenden Mehrkosten im Vergleich zu anderen Verfahren der Entsorgung nicht unzumutbar sind und für die gewonnenen Stoffe oder Energie ein Markt vorhanden ist oder insbesondere durch Beauftragung Dritter geschaffen werden kann. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 AbfG sind Abfälle so einzusammeln, zu befördern, zu behandeln und zu lagern, dass die Möglichkeiten zur Abfallverwertung genutzt werden können. Dementsprechend haben die kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreien Städte in Hessen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 des Hessischen Abfallgesetzes (HAbfG) in der Fassung vom 7. November 1987 die angefallenen Abfälle nach verwertbaren und zu beseitigenden Stoffen getrennt einzusammeln, soweit sie nach § 3 Abs. 1 HAbfG verwertet werden sollen. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 HAbfG haben unter anderem die kreisangehörigen Gemeinden im Einvernehmen mit den verwertungs- und beseitigungspflichtigen Landkreisen Sammelsysteme anzubieten, die eine möglichst weitgehende Trennung der Abfälle bereits beim Abfallbesitzer ermöglichen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 HAbfG haben die bereits genannten Gebietskörperschaften Abfälle unter Beachtung wirtschaftlicher Grundsätze zu verwerten oder einer Verwertung zuzuführen, soweit nach dem Stand der Technik geeignete Verfahren zur Verfügung stehen und die Kosten nicht außer Verhältnis zu den hieraus entstehenden Vorteilen für das Wohl der Allgemeinheit stehen. - Der Wortlaut dieser Vorschriften macht deutlich, dass die Getrennteinsammlungsvorschriften als Organisationsregelungen allein die Funktion haben, dem gesetzlichen Abfallverwertungsgebot und damit dem Allgemeininteresse zu dienen. Das Getrennteinsammeln von Abfällen stellt keinen Selbstzweck dar und ist nur dann sinnvoll, wenn für die getrennt eingesammelten Abfälle Verwertungsmöglichkeiten bestehen. Vorrangig ist deshalb eine weitgehende Abfallverwertung zu gewährleisten. Rechte, Interessen oder Belange der einzelnen Abfallbesitzer werden aber in den gesetzlichen Vorschriften über die Getrennteinsammlung und Verwertung von Abfällen nicht erwähnt und sind auch in den entsprechenden amtlichen Gesetzentwürfen (BT-Drs. 10/2885 und LT-Drs. 11/3597) nicht angesprochen. Dies ist bereits ein wichtiges Indiz dafür, dass der Gesetzgeber mit den Getrennteinsammlungsregelungen keine subjektiven Rechte begründen wollte. Etwas anderes folgt auch nicht aus einer Auslegung der genannten Vorschriften im Lichte der Verfassung. Zwar dürfte überall dort, wo eine Rechtsnorm grundrechtlich geschützte Positionen eines bestimmten Personenkreises berührt, im Zweifel anzunehmen sein, dass die Norm auch Ansprüche gewährt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 1963 - BVerfGE 15,275 (281 f), OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. Januar 1986 - DVBl.1986,418 (420); Kopp, aaO, § 42 RdNr.  68,72 ff). Hier sind jedoch keine Grundrechte des Antragstellers als Abfallbesitzer erkennbar, die gerade dadurch tangiert werden, dass - wie behauptet - nicht gesetzeskonform getrennt eingesammelt wird. Der Antragsteller beruft sich selbst auch nicht auf solche Grundrechte. Er spricht lediglich davon, dass durch die seiner Meinung nach rechtswidrige Nicht-Getrennteinsammlung "Schäden" entstünden, die nicht mehr beseitigt werden könnten. Um welche Schäden es sich dabei handelt und bei wem sie entstehen, wird nicht gesagt. Offensichtlich ist der Antragsteller selbst der Auffassung, dass allenfalls eine Schädigung der Allgemeinheit in Betracht kommt."

 

An dieser Rechtsauffassung, die noch unter der Geltung der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 Abs. 1 des Hessischen Abfallgesetzes - HAbfG 1985 - in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, GVBl.1986 I S. 17, ergangen ist, hält der Senat fest. Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht geboten im Hinblick auf das zwischenzeitliche Inkrafttreten des Hessischen Abfallwirtschafts- und Altlastengesetzes - HAbfAG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Juli 1989, GVBl. I S. 198, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 1990, GVBl. I S. 773. Denn die Neuregelungen in § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 5 sowie in § 2 Abs. 1 HAbfAG lassen die bisherige Rechtslage insoweit im wesentlichen unberührt.

 

Unzulässig ist der Antrag schließlich auch hinsichtlich der vom Antragsteller angegriffenen Mindestgebührenregelung gemäß § 18 Ziff. 1 Satz 2 AbfS. Denn soweit der Antragsteller geltend macht, die Vorschrift sei ungültig, weil sie für jedes angeschlossene und z.B. nur mit einer Person bewohnte Grundstück eine Mindestgebühr von 138,-- DM festsetze, obwohl eine Gebühr in dieser Höhe eigentlich nur von einem 2-Personen-Haushalt zu erbringen sei, ist er von dieser Vorschrift nicht nachteilig betroffen. Derzeit nämlich wohnen auf seinem Grundstück mindestens drei Personen; nach Mitteilung der Antragsgegnerin - vom Antragsteller nicht bestritten - sind sogar vier Personen gemeldet. Der Antragsteller hat deshalb durch die Mindestgebührenregelung zur Zeit keinen Nachteil, weil sich seine Rechtsposition im Falle der Ungültigkeit der Bestimmung nicht verbesserte. Würde nämlich die satzungsmäßige Mindestgebühr gesenkt werden oder ganz entfallen, so wirkte sich dies zu Lasten der übrigen Gebührensätze und Gebührenpflichtigen aus mit der Folge, dass auch der Antragsteller im Zweifel höhere Gebühren entrichten müsste. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in absehbarer Zeit das Grundstück allein bewohnen und dann von der für ihn "nachteiligen" Mindestgebührenregelung erfasst werden würde, sind nicht ersichtlich und von ihm auch nicht vorgetragen worden.

 

Zulässig ist der Normenkontrollantrag des Antragstellers allerdings insoweit, als er die Satzungsbestimmungen über die Gebührenpflicht (§ 16 AbfS), den Gebührenmaßstab (§ 18 Ziff. 1 und 2 in Verbindung mit den damit in untrennbarem Regelungszusammenhang stehenden §§ 15 und 17 AbfS) und die Müllsackgebührenregelung (§ 18 Ziff. 3 AbfS) nach dem Antragswortlaut in der - derzeit geltenden - Fassung des III. Nachtrags vom 2. Dezember 1987 angreift und die Feststellung ihrer Ungültigkeit - von Anfang an - begehrt. Denn als Eigentümer eines Grundstücks im Stadtgebiet der Antragsgegnerin unterliegt der Antragsteller der Pflicht zur Entrichtung von Müllabfuhrgebühren gemäß den §§ 16 ff AbfS. Da er auf dieser Grundlage zuletzt durch Bescheid vom 4. Januar 1988 - bis zur Bekanntgabe eines neuen Bescheides - zu Müllabfuhrgebühren in Höhe eines Jahresbetrages von 207,-- DM, der ratenweise fällig wird, herangezogen worden ist, ist er jedenfalls insoweit nachteilig betroffen. Dem steht hier auch nicht die Tatsache entgegen, dass die letzten an ihn gerichteten Abgabenbescheide der Antragsgegnerin bereits bestandskräftig sind und der Antragsteller seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Antragsgegnerin bislang erfüllt hat. Denn auf Grund des zuletzt erlassenen Bescheides kann die Antragsgegnerin auch künftig Müllabfuhrgebühren erheben und im Falle der Nichtzahlung notfalls Vollstreckungsmaßnahmen durchführen. Darin liegt ein Nachteil im Sinne des § 47 Abs.  2 Satz 1 VwGO, der durch den vorliegenden Normenkontrollantrag abgewehrt werden kann. Zwar würde die vom Antragsteller begehrte Ungültigerklärung der Satzungsvorschriften nichts an der Bestandskraft des letzten Gebührenbescheides ändern. Es entfiele jedoch mit der Nichtigerklärung die Möglichkeit der Antragsgegnerin, den Bescheid wegen der künftig fällig werdenden Gebührenbeträge zu vollstrecken. Dies folgt aus § 3 Abs. 4 Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Oktober 1985 - 5 N 1/83, insoweit nicht veröffentlicht).

 

Der teilweise zulässige Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.

 

In formeller Hinsicht ist die Satzung der Antragsgegnerin über die geordnete Beseitigung von Abfällen nicht zu beanstanden. … (wird ausgeführt).

 

In materiell-rechtlicher Hinsicht sind die zur Überprüfung stehenden Regelungen bzw. Teilregelungen der §§ 16 (Gebührenpflicht) und 18 (Benutzungsgebühr) sowie 15 (Zuteilung von Müllbehältervolumen) und 17 (Bemessungsgrundlage für die Gebühren) AbfS in der Fassung des III. Nachtrags mit höherrangigem Recht vereinbar.

 

§ 16 AbfS (Gebührenpflicht) ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorschrift umschreibt in ihrer Ziffer 1 den Benutzungsgebührentatbestand der Müllabfuhrgebühr unter Berücksichtigung des Kostendeckungsprinzips. Dies entspricht dem höherrangigen Gesetzesrecht in seiner jeweiligen Fassung seit dem ersten Inkrafttreten der Satzung am 1. Januar 1983 (§ 22 Ziff. 1 AbfS), nämlich dem § 1 Abs.  4 Satz 1 Hessisches Abfallgesetz vom 16. Juni 1978 - HAbfG 1978 -, GVBl. I S. 397, § 2 Abs. 9 Satz 6 HAbfG 1985 und § 2 Abs. 2 Satz 1 HAbfAG jeweils in Verbindung mit § 10 Abs.  1 und Abs.  2 KAG; die Befugnis zur Abwälzung der an den Landkreis zu zahlenden Gebühren ist ausdrücklich im Gesetz vorgesehen (vgl. § 1 Abs.  4 Satz 2 HAbfG 1978, § 2 Abs.  9 Satz 3 HAbfG 1985, § 2 Abs.  2 Satz 4 HAbfAG). Auch hinsichtlich der Satzungsregelungen über den Kreis der Gebührenpflichtigen (§ 16 Ziff. 2), die Entstehung der Gebührenpflicht (§ 16 Ziff. 3) sowie die Änderung und Beendigung der Gebührenpflicht (§ 16 Ziff. 4) bestehen keine rechtlichen Bedenken. Insbesondere die Gebührenpflichtigkeit des Grundstückseigentümers (§ 16 Ziff. 2 in Verbindung mit § 4 Ziff. 1 und § 6 AbfS; kritisch dazu Tiedemann, HSGZ 1988,47 ff) ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin betreibt die Abfallbeseitigung als eine grundstücksbezogene öffentliche Einrichtung (§ 4 i.V.m. § 1 AbfS). Gebührenschuldner ist, wer die Einrichtung in Anspruch nimmt. Bei grundstückbezogenen Einrichtungen, deren Inanspruchnahme durch den Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet ist - wie hier gemäß § 4 AbfS (vgl. zur Zulässigkeit des Anschluss- und Benutzungszwanges bei der Müllabfuhr zuletzt Senatsurteil vom 7. März 1990 - HSGZ 1990,441 und vom 20. Juni 1990, HSGZ 1990,444) -, kann grundsätzlich die Satzung den Grundstückseigentümer, unabhängig von der Frage des Abfallbesitzes, zum Gebührenpflichtigen bestimmen (vgl. Lohmann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand 1990, § 6 RdNr.  660 mit weiteren Nachweisen).

 

Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Gebührenmaßstabsregeln in § 17 AbfS, und zwar weder gegen den personenbezogenen und gefäßbezogenen Maßstab an sich noch gegen die kombinierte Anwendung beider Maßstäbe in Verbindung mit Zusatzbestimmungen auf die unterschiedlichen Gruppen von Gebührenpflichtigen.

 

§ 17 Ziff.  1 Satz 1 AbfS bestimmt, dass Bemessungsgrundlage für die Berechnung der jährlichen Gebühren nach § 16 die Zahl der auf einem Grundstück wohnenden Personen ist; dementsprechend schreibt § 18 Ziff.  1 AbfS vor, dass die Gebühr für das Einsammeln nach dieser Satzung bei wöchentlich einmaliger Entleerung des Hausmülls 69,-- DM pro Einwohner und Jahr beträgt. Dieser Personenmaßstab stellt seit dem Inkrafttreten der Satzung in ihrer Urfassung am 1. Januar 1983 die Grundregel für die Bemessung der Müllabfuhrgebühren dar, soweit es sich nicht um die Entsorgung von Abfällen aus Betrieben und ähnlichen Einrichtungen handelt (vgl. § 17 Ziff.  2 AbfS). Die Behältergröße ist für die Gebührenberechnung grundsätzlich ohne Bedeutung, denn die "Kopf"-Gebühr des § 18 Ziff.  1 Satz 1 AbfS deckt den für jeden Grundstücksbewohner wöchentlich vorgesehenen Regelbedarf von 40 l Behältervolumen (§ 15 Ziff.  2 Satz 1 AbfS) ab. Erst zusätzlicher Bedarf an Behältervolumen löst ausnahmsweise eine zusätzliche Gebühr aus (§§ 15 Ziff.  3, 18 Ziff.  1 AbfS). Rechtliche Bedenken hinsichtlich des in § 15 Ziff.  2 AbfS festgesetzten Behältervolumen-Regelbedarfs sind nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen worden. Messungen haben ergeben, dass der durchschnittliche Pro-Kopf-Bedarf an Behältervolumen in der Woche ca. 35-45 1 beträgt und in städtischen Gebieten - wie hier - eher im oberen Bereich liegt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ 1987, 190 (193) und vom 5. August 1987 - HessVGRspr. 1987, 89 (90)).

 

Die Personenmaßstabsregelung für die Müllabfuhrgebühr ist - gemessen am derzeit geltenden Gesetzesrecht - nicht zu beanstanden. Das folgt aus § 10 Abs. 3 KAG. Die Vorschrift bestimmt, dass die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen ist. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bedeutet dies, dass die Gebühr dem Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit, dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz entsprechen muss, wobei für die Rechtsetzung letztlich aber auch Praktikabilitätsüberlegungen eine Rolle spielen können (vgl. dazu Lohmann, aaO, RdNr.   693 ff mit weiteren Nachweisen). Lässt sich das Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung nur unter unverhältnismäßigem Aufwand messen, so kann sich die Gebührenregelung an einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab statt an einem Wirklichkeitsmaßstab orientieren. Bei der Müllabfuhr ist - im Blick auf § 10 Abs. 3 Satz 1 KAG - als zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab der Personenmaßstab anerkannt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (192) und vom 5. August 1987 - HessVGRspr. 1987, 89 (90); Schön, HKAG, Stand 1988, § 10 Anm. 9.9b, dd); Ermel, HKAG, 2. Aufl. § 10 Anm.77). Das derzeit geltende Hessische Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz enthält keine abfallgebührenrechtlichen Sonderbestimmungen, die über den Regelungsbereich des § 10 Abs.  3 KAG hinausgehen, wie insbesondere dem Schweigen des § 2 Abs.  2 HAbfAG zu entnehmen ist.

 

Der Antragsteller ist allerdings der Ansicht, die Personenmaßstabsregelung und damit insbesondere § 17 Ziff.  1 Satz 1 AbfS hätten schon vor dem Inkrafttreten des 5. Gesetzes zur Änderung des Hessischen Abfallgesetzes vom 6. Juni 1989, GVBl. I S. 137, am 14. Juni 1989 gegen die §§ 2 und 3 des Hessischen Abfallgesetzes in der Fassung von 1985 verstoßen. Die Richtigkeit dieser Auffassung unterstellt, hätte dies zur Folge, dass die Satzungsbestimmungen bereits damals ungültig gewesen wären und auch derzeit keine Gültigkeit hätten. Denn eine einmal wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht ungültige Satzungsbestimmung kann nicht dadurch nachträglich geheilt werden, das heißt Gültigkeit erlangen, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt die Gesetzeslage - hier durch die 5. Novelle - ändert. Der Satzungsgeber müßte schon erneut tätig werden, wenn er auf der Grundlage einer neuen Gesetzeslage eine ursprünglich ungültige Regelung erneut zur Geltung bringen wollte (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1989 - 5 UE 8/86). Entgegen der Ansicht des Antragstellers war aber die Personenmaßstabsregelung, das heißt insbesondere § 17 Ziff.  1 Satz 1 AbfS, im Zeitpunkt des ersten Inkrafttretens der Satzung am 1. Januar 1983 und auch im Zeitraum danach - bis zum Inkrafttreten der 5. Novelle zum Hessischen Abfallgesetz im Jahre 1989 - mit höherrangigem Recht vereinbar.

 

Im Zeitpunkt des ersten Inkrafttretens der Satzung der Antragsgegnerin entsprach der Personenmaßstab der damals geltenden Gesetzeslage, und zwar den bereits oben erwähnten Gebührenmaßstabsregeln des § 10 Abs.  3 Satz 1 KAG. Das Hessische Abfallgesetz in der damals geltenden Fassung von 1978 enthielt keine über den Regelungsbereich dieser Vorschrift hinausgehende Sonderbestimmung zur Bemessung der Müllabfuhrgebühr. Dies läßt sich insbesondere dem Schweigen des § 1 Abs.  4 HAbfG 1978 entnehmen.

 

Danach hatte der Landesgesetzgeber zwar im Rahmen des 4. Gesetzes zur Änderung des Hessischen Abfallgesetzes vom 31. Oktober 1985, GVBl. I S. 181, erstmals eine abfallgebührenrechtliche Sonderregelung geschaffen, die als § 1b Abs .9 Satz 2 am 7. November 1985 in Kraft trat, nach der Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes als § 2 Abs.  9 Satz 2 HAbfG 1985 fortgalt, erst durch die Neuregelung in § 2 Abs.  2 HAbfAG im Jahre 1989 vom Landesgesetzgeber wieder gestrichen worden ist. Sie hatte folgenden Wortlaut:

 

"Bei der Bemessung der Abgaben sind Anreize zur Vermeidung und stofflichen Verwertung von Abfällen zu schaffen, insbesondere sollen die zu erhebenden Gebühren in der Regel linear zum vorgehaltenen Behältervolumen für die nicht stofflich verwertbaren Abfälle gestaffelt erhoben werden."

39

Die satzungsrechtliche Personenmaßstabsregelung und damit insbesondere § 17 Ziff.  1 Satz 1 AbfS verstießen jedoch auch solange nicht gegen diese gesetzliche Bemessungsvorschrift, als sie gültiges Landesrecht darstellte, d. h. bis zum Inkrafttreten des neuen Abfallgesetzes des Bundes am 1. November 1986, als - wie unten noch ausgeführt wird - § 2 Abs.  9 Satz 2 HAbfG 1985 als wirksamer gesetzlicher Prüfungsmaßstab wieder ausschied.

 

§ 2 Abs.  9 Satz 2 HAbfG 1985 war als § 1b Abs.  9 Satz 2 wesentlicher Bestandteil des 4. Änderungsgesetzes, dem insgesamt folgende Überlegungen zugrundelagen, wie dem Gesetzentwurf der Hessischen Landesregierung vom 22. April 1985 (LT-Ds. 11/3597 S. 1) zu entnehmen ist:

 

"A) Problem

 

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass eine Beseitigung von Abfällen durch Deponierung oder Verbrennung nach der bisher geübten Praxis wegen der zum Teil unkontrollierbaren Neben- und Langzeitwirkungen nicht unproblematisch ist. Auch auf Grund der begrenzten Rohstoffreserven, der sich erschöpfenden Deponiekapazität sowie der wegen des Landschaftsverbrauchs erforderlichen Beschränkung der Planung von Deponieraum ist eine Änderung der Beseitigungskonzeption hin zur Vermeidung, Verminderung und Verwertung von Abfällen dringend geboten. Ziel ist es, Abfälle nur dann noch abzulagern, wenn eine sinnvolle Verwertung nicht möglich ist und die Beseitigung unumgänglich ist...

 

B) Lösung

 

Der vorliegende Gesetzentwurf trägt dieser veränderten Konzeption Rechnung. Neben der getrennten Sammlung von verwertbaren Abfällen soll ein Verwertungsgebot die Gebietskörperschaften veranlassen, vorrangig die Verwertung zu betreiben. Um die erforderliche Flexibilität zu erreichen, sollen die zu praktizierenden Systeme der Getrenntsammlung und Sortierung nicht vom Gesetzgeber vorgeschrieben, sondern allenfalls in Form von Empfehlungen genannt werden. Dabei kommt es darauf an, dass das jeweilige System der Getrenntsammlung von Abfällen durch die Gemeinden mit dem der nachfolgenden Verwertung durch den Landkreis kongruent ist. Gebührenmäßig müssen Anreize geschaffen werden, die Getrenntsammlung zu unterstützen..."

 

Dementsprechend ordnete das Gesetz unter anderem in § 2 Abs.  2 Satz 1 HAbfG 1985 an, dass die kreisangehörigen Gemeinden und die kreisfreien Städte die angefallenen Abfälle nach verwertbaren und zu beseitigenden Stoffen getrennt einzusammeln hatten, soweit die Abfälle nach § 3 Abs. 1 HAbfG 1985 verwertet werden sollten. Die §§ 2 Abs.  2 Satz 1 und 3 Abs.  1 HAbfG 1985 über die Getrennteinsammlung etc. traten jedoch erst nach einer Übergangszeit von zwei Jahren am 7. November 1987 in Kraft (vgl. dazu die Bekanntmachung der Neufassung des Hessischen Abfallgesetzes vom 11. Dezember 1985, GVBl.1986 I S. 17).

 

Die satzungsrechtliche Personenmaßstabsregelung, das heißt insbesondere § 17 Ziff. 1 Satz 1 AbfS, verstieß aber deshalb nicht gegen § 2 Abs.  9 Satz 2 HAbfG 1985, weil die Gesetzesbestimmung mangels angeordneter Getrennteinsammlungen von Abfällen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin zum Teil noch keine Rechtswirkung entfaltet hatte. Die abfallgebührenrechtliche Gesetzesbestimmung setzte sich zusammen aus einer Muss-Vorschrift und einer Soll-Vorschrift. Wie der Senat in seinen Beschlüssen vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (194) und vom 5. August 1987 - HessVGRspr. 1987,89 (91) ausgeführt hat, sollte das Gebot der linearen Staffelung der Gebühren (Soll-Vorschrift) Mengenrabatte ausschließen, das heißt, die Entsorgung nicht verwertbaren Mülls sollte nicht mit einer degressiven Gebührenstaffelung honoriert werden. Diesem Gebot kam der satzungsrechtliche Personenmaßstab mit seiner linearen Bemessungsgrundlage nach. Die amtliche Begründung zum Entwurf der 4. Novelle (LT-Ds 11/3597 S. 17) erwähnte in diesem Zusammenhang den Personenmaßstab sogar ausdrücklich als zulässige Bemessungsgrundlage. Ob die Satzung der Antragsgegnerin freilich auch der Muss-Vorschrift des § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 entsprach, ist zweifelhaft und zwischen den Beteiligten umstritten. Jedenfalls aber führte ein mögliches Fehlen von Anreizen zur Abfallvermeidung und stofflichen Verwertung in der satzungsrechtlichen Gebührenregelung vor dem 7. November 1987 nicht zu deren Ungültigkeit (vgl. dazu die Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 und 5. August 1987 aaO.). Denn bis zu diesem Zeitpunkt fand bei der Antragsgegnerin noch keine organisierte Getrennteinsammlung verwertbarer Abfälle statt - die Getrenntsammlungsanordnung des Magistrats für Altpapier gemäß § 10 Ziff.  3 und Ziff.  4 AbfS datiert vom 29. März 1988, öffentlich bekanntgemacht in der Oberhessischen Presse am 31. März 1988 -, und es bestand wegen der zweijährigen gesetzlichen Übergangsfrist auch von Gesetzes wegen noch keine Verpflichtung zur Getrennteinsammlung (vgl. dazu die Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 und 5. August 1987 aaO.).

 

Ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen, derzeit geltenden Abfallgesetzes des Bundes vom 27. August 1986 - AbfG -, BGBl.I S. 1410 am 1. November 1986 war aber § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 - der Prüfungsmaßstab für die hier streitigen Satzungsvorschriften - selbst nicht mehr mit Bundesrecht vereinbar, mit der Konsequenz, dass die Satzungsbestimmungen wieder nur an § 10 Abs.  3 KAG zu messen und - wie bereits ausgeführt - nicht zu beanstanden sind.

 

Die Abfallkonzeption des 1986 erlassenen Abfallgesetzes des Bundes unterscheidet sich in einigen Punkten von derjenigen des Hessischen Abfallgesetzes in der Fassung von 1985. Während § 1 Nr.  1 HAbfG 1985 ein umfassendes Abfallvermeidungsgebot vorsah, besteht das Vermeidungsgebot in § 1a AbfG nur nach Maßgabe von Rechtsverordnungen der Bundesregierung gemäß § 14 AbfG. Beide Gesetze räumen der Abfallverwertung den Vorrang vor der Abfallbeseitigung ein. Doch sieht das Bundesgesetz die thermische (energetische) Verwertung durch Müllverbrennung und die stoffliche Verwertung als gleichrangige Verwertungsarten an (§§ 1 Abs. 1 Satz 2, 3 Abs. 2 Satz 3 AbfG, vgl. dazu zuletzt die Nachweise in BayVerfGH, Beschluss vom 27. März 1990 - DVBl.1990,692 (694 f) und in der Anmerkung von Mann, DVBl.1990,697 (698 f)) während das Hessische Abfallgesetz in der Fassung von 1985 den Begriff der Verwertung in § 1 Nr. 2 auf die stoffliche Verwertung beschränkte und die Verbrennung von Abfällen der - weniger erwünschten - Deponierung gleichstellte. Soweit die Regelungen des Hessischen Abfallgesetzes denen des Abfallgesetzes des Bundes widersprachen, kam dem Bundesgesetz Vorrang zu. Denn es handelt sich bei der Abfallwirtschaft um eine Materie der konkurrierenden Gesetzgebung, die der Regelungsbefugnis des Landesgesetzgebers nur insoweit unterliegt, als nicht der Bundesgesetzgeber von seiner vorrangigen Gesetzgebungskompetenz auf diesem Gebiet Gebrauch macht (Art.74 Nr. 24, Art.72 GG). Daraus wurde bereits Anfang 1987 in der Literatur die Folgerung gezogen, dass das neue Hessische Abfallgesetz in wesentlichen Teilen gemäß Art.31 GG - Bundesrecht bricht Landesrecht - nichtig sei (vgl. Backes, DVBl.1987,333 (339); von Mutius, HSGZ 1987,279 ff; die Hessische Landesregierung hatte diese Problematik übrigens selbst von Anfang an gesehen, vgl. dazu LT-Ds 11/3597 S. 12 ff). Dem schließt sich der Senat jedenfalls im Hinblick auf § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 ausdrücklich an, nachdem er bisher nur angedeutet hatte, Teile der 4. Novelle zur Änderung des Hessischen Abfallgesetzes seien aus den genannten Gründen möglicherweise ungültig (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Dezember 1987 - ESVGH 38,102 (109) und vom 18. Juni 1990 - 5 N 582/87). Denn § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 war mit Bundesrecht deshalb nicht (mehr) vereinbar, weil die Vorschrift die vom Bundesgesetzgeber vorgegebene Gleichstellung von stofflicher und energetischer Verwertung unbeachtet ließ und neben der Abfallvermeidung allein auf die stoffliche Verwertbarkeit abstellte. Ob die Gesetzesbestimmung eventuell auch aus anderen Gründen nichtig war - die Schaffung von "Anreizen" bei der Gebührenbemessung kann zu Verstößen gegen die gebührenrechtlichen Grundprinzipien (spezielle Entgeltlichkeit, Äquivalenzprinzip, Gleichbehandlungsgrundsatz) führen (vgl. Fabry, HSGZ 1990,259) -, kann offenbleiben. Von der Ungültigkeit des § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 war der hessische Landesgesetzgeber schließlich selbst überzeugt. Die Anpassung des Hessischen Abfallgesetzes in der Fassung von 1985 an das geltende Bundesrecht war deshalb Hauptziel der 5. Novelle zum Hessischen Abfallgesetz, wie der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist (vgl. LT-Ds 12/2868 S. 1 und 16). Zu § 2 Abs. 2 des Entwurfs, der die Regelung des § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 nicht mehr enthält, ist in der amtlichen Begründung (LT-Ds 12/2868 S. 21) unter anderem ausgeführt:

 

"Zum anderen ist Satz 2 des geltenden Absatzes 9 gestrichen worden, weil er sich als nicht praktikabel herausgestellt hat und zweifelhaft ist, wie gebührenmäßig Anreize zur Vermeidung von Abfällen wirksam geschaffen werden können. Ferner entspricht die Vorschrift nicht dem Bundesrecht. Denn nach der Gleichstellung von stofflicher und thermischer Verwertung ist nicht vertretbar, vom Gesetzgeber her aufzugeben, besondere Anreize für eine stoffliche Verwertung zu schaffen."

 

In dem seit 1989 geltenden § 2 Abs. 2 HAbfAG ist deshalb keine dem ungültigen § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 entsprechende Bestimmung mehr enthalten. - Der Senat kann die Unwirksamkeit des § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 für den Zeitraum von 1986 bis 1989 selbst feststellen und die Rechtsnorm hier unangewendet lassen. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art.100 Abs. 1 Satz 2 GG, der den Senat sonst gegebenenfalls zur Einleitung eines "konkreten" Normenkontrollverfahrens veranlassen könnte. Denn das Entscheidungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts nach Art.100 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich nicht auf die Frage, ob ein Landesgesetz mit einem späteren Bundesgesetz unvereinbar ist, weil Prüfungsmaßstab im Rahmen der konkreten Normenkontrolle nur die bundesrechtliche "lex prior" sein kann (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1959 - E 10,124 (128); dazu Zeidler, DÖV 1960,23 ff; BVerfG, Beschluss vom 23. März 1982 - E 60,135 (153) und Beschluss vom 6. Dezember 1983 - E 65,359 (373); Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand 1990, Art.100 RdNr. 13). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Denn § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 war bereits am 7. November 1985 und damit vor dem Abfallgesetz des Bundes von 1986 erlassen und in Kraft getreten. Die Tatsache, dass § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 und 5. August 1987, aaO.) wegen der damals noch nicht vorhandenen Getrenntsammelanordnung der Antragsgegnerin hier erst nach 1986 hätte Wirkung entfalten können, ist in diesem Zusammenhang rechtlich unerheblich. Die Entscheidungskompetenz des Senats für die Feststellung, dass eine ursprünglich insoweit einwandfreie landesgesetzliche Regelung mit einem später erlassenen Bundesgesetz nicht mehr vereinbar und folglich außer Wirksamkeit getreten ist, setzt nämlich nur voraus, dass das Landesgesetz bei seiner "Schaffung" das übergeordnete Bundesrecht beachtet hatte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1959, aaO.). Das war hier der Fall.

 

Auch der gefäßbezogene Gebührenmaßstab für die Bemessung der Müllabfuhrgebühren, die von Betrieben und ähnlichen Einrichtungen zu erbringen sind (vgl. § 17 Ziff.  2 AbfS), ist nicht zu beanstanden. Zwar hat der Antragsteller diesbezüglich keine Bedenken geäußert. Gleichwohl ist auch insoweit eine Überprüfung vorzunehmen. Denn eine etwaige Besserstellung dieses Benutzerkreises bei der Gebührenbemessung wäre notwendigerweise mit einer entsprechenden Benachteiligung der anderen gebührenpflichtigen Benutzer verbunden (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (193) - und vom 5. August 1987 - HessVGRspr.1987,89 (91)).

 

Nach § 17 Ziff.  2 Satz 1 AbfS ist bei Betrieben und ähnlichen Einrichtungen (vgl. die Beispiele in § 15 Ziff. 4 AbfS) Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Müllabfuhrgebühren die Anzahl und Größe der aufgestellten Müllbehälter und die Zahl der Entleerungen. Zur erstmaligen Festlegung des zuzuteilenden Behältervolumens werden entsprechende Erhebungen durchgeführt, soweit keine statistischen Unterlagen vorliegen; Änderungen sind unverzüglich mitzuteilen (vgl. § 17 Ziff. 2 AbfS). Als Mindestwert des tatsächlich benötigten Gefäßraumes wird das am 1. Januar 1982 angemeldete Gefäßvolumen festgelegt (vgl. § 15 Ziff. 4.1 AbfS). Dieser Gefäßmaßstab, der an das Volumen des bereitgestellten Müllgefäßes anknüpft, ist im vorgegebenen Rahmen des § 10 Abs. 3 KAG als Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der hier dem Wirklichkeitsmaßstab schon sehr angenähert ist, ebenfalls anerkannt und eignet sich vor allem für die Bemessung von Gewerbemüllgebühren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (192) - und vom 5. August 1987 - HessVGRspr. 1987,89 (90) -; Schön, aaO., § 10 Anm.9.9b,cc; Ermel, aaO., § 10 Anm. 77). Wie bereits dargestellt, enthielt - und enthält - das Hessische Abfallgesetz zu keinem Zeitpunkt abfallgebührenrechtliche Sonderbestimmungen, die hier vom Satzungsgeber noch zu beachten waren. Dass hilfsweise ("soweit noch kein Gefäßvolumen vorhanden ist") in § 15 Ziff.  4.2 ein Mindestbehältervolumen auf der Basis des zulässigen "Einwohnergleichwertes" von 40 l festgelegt ist, ist ebenfalls rechtmäßig (vgl. dazu auch VG Wiesbaden - Kammern Gießen -, Urteil vom 19. August 1981 - KStZ 1982,35 ff).

 

Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die kombinierte Anwendung des personenbezogenen und des gefäßbezogenen Maßstabs in Verbindung mit Zusatzbestimmungen der Satzung auf die jeweils unterschiedlichen Gruppen von Abfallgebührenpflichtigen. Insbesondere verletzt die Erhebung von Müllabfuhrgebühren nach dem Personenmaßstab bei Privathaushalten und nach dem Gefäßmaßstab bei Betrieben und ähnlichen Einrichtungen nicht den gebührenrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

Das Prinzip der Gleichbehandlung im Gebührenrecht verlangt in der Regel eine Gebührenerhebung nach einem für alle Gebührenpflichtigen geltenden einheitlichen Gebührenmaßstab. Unterschiedliche Gebührenmaßstäbe für einzelne Gruppen von Gebührenpflichtigen dürfen nur dann zugrundegelegt werden, wenn bestehende wesentliche Unterschiede zwischen den Gruppen dies sachlich rechtfertigen (vgl. dazu Lohmann, aaO., § 6 RdNr. 692). Dies ist bei Privathaushalten einerseits und bei Betrieben sowie ähnlichen Einrichtungen andererseits der Fall. Es läßt sich als sachgerecht ansehen, wenn der Satzungsgeber bei der Bemessung der Müllabfuhrgebühren, die von Privathaushalten zu entrichten sind, allein auf die Personenzahl abstellt. Denn der Umfang des erfahrungsgemäß in einem Privathaushalt anfallenden Hausmülls richtet sich im wesentlichen nach der Anzahl der dort wohnenden Personen. Anders ist dies zu beurteilen hinsichtlich der Menge der von der Antragsgegnerin einzusammelnden Abfälle der Kategorie I (vgl. § 2 Ziff. 3 AbfS), die in Betrieben und ähnlichen Einrichtungen anfallen. Da es hier in der Regel nicht um die Einsammlung von Abfällen geht, die im Zusammenhang mit der Lebensführung von Personen entstehen, sondern überwiegend um hausmüllähnliche Abfälle aus Produktions- und Dienstleistungsbereichen, wäre die Verwendung des Personenmaßstabes ungeeignet. Zu Recht hat deshalb die Antragsgegnerin für diese Gruppe von Gebührenpflichtigen eine andere Bemessungsgrundlage zur Gebührenberechnung gewählt, nämlich den Gefäßmaßstab, der zulässigerweise an das Mindestbehältervolumen bzw. an die sogenannten Einwohnergleichwerte (z.B. bei Kasernen, Krankenhäusern, Schulen) anknüpft (vgl. dazu OVG Koblenz, Urteil vom 14. Juni 1983 - NVwZ 1985,440).

 

Auch die Satzungsbestimmungen der Antragsgegnerin über die Gebührensätze verstoßen nicht gegen den gebührenrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

Der Gleichheitssatz verlangt im Gebührenrecht die gleichmäßige Belastung der Benutzer nach dem Ausmaß der Benutzung. Das bedeutet, dass eine gleiche Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zu etwa gleichhohen Gebühren führen muss (vgl. zuletzt Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (192) - und vom 5. August 1987 - HessVGRspr. 1987,89 (90)). Insgesamt gesehen ist dies hier der Fall. Würde man das "Preis-Leistungs-Verhältnis" bei beiden Benutzergruppen nur hinsichtlich der Kosten für die Entsorgung der Haus- und Gewerbeabfälle - ohne Papier und Pappe - vergleichen, so wären zwar die Betriebe und ähnlichen Einrichtungen in der Regel etwas begünstigt, weil sie für die Inanspruchnahme eines gleichgroßen Abfallgefäßes für nahezu gleichartigen Abfall (vgl. § 2 Ziff. 3.1 AbfS) regelmäßig weniger Gebühren entrichten müssen. So zahlt zum Beispiel für den 120-l-Müllgroßbehälter (MGB) ein 4-Personen-Haushalt nach dem Personenmaßstab bei wöchentlicher Entleerung 276,-- DM Jahresgebühr (§§ 11 Ziff. 2a, 15 Ziff. 2, 18 Ziff. 1 AbfS); für den gleichen Behälter muss ein Betrieb nach dem Gefäßmaßstab bei wöchentlicher Entleerung nur 241,80 DM Jahresgebühr entrichten (§ 18 Ziff. 2.1b AbfS). Für den 240-l-MGB zahlt ein 6-Personen-Haushalt 414,-- DM, während für den gleichen Behälter von einem Betrieb nur 351,-- DM verlangt werden. Diese unterschiedliche Gebührenhöhe ist im wesentlichen auf den Umstand zurückzuführen, dass die Satzung in § 11 zulässigerweise nur bestimmte Normgefäße eingeführt hat (vgl. dazu die bereits erwähnten Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 und 5. August 1987, aaO.), so dass bei Privathaushalten durch die sogenannten Zwischenwerte Auf- und Abrundungen notwendig werden, die sich häufig zum Nachteil der privaten Benutzer auswirken. Ein Ausgleich zu Gunsten der Privathaushalte findet jedoch dadurch statt, dass bei ihnen die Benutzungsgebühr auch die Entsorgung von Papier und Pappe in der "Blauen Tonne" mit abdeckt - dies ist konsequent, denn der 40 1 Behältervolumen-Regelbedarf umfaßt auch den Volumenbedarf für Papier und Pappe -, während Betriebe und ähnliche Einrichtungen für jede Papiertonne Zusatzgebühren entrichten müssen (vgl. §§ 15 Ziff. 3 Satz 4, 17 Ziff. 1 Satz 4, 18 Ziff. 2.3 AbfS). Diese Zusatzbelastung der Betriebe etc. wird aber von der Satzung insoweit letztlich wieder aufgefangen, das heißt, die Gebührengerechtigkeit im Verhältnis der beiden Benutzergruppen zueinander dadurch weitgehend wieder hergestellt, dass die Betriebe etc. ihr zugeteiltes Gefäßvolumen auf Antrag - hinsichtlich des Mindestgefäßvolumens allerdings nur unter Angabe nachprüfbarer Gründe - reduzieren lassen können (vgl. dazu § 15 Ziff. 4.1 in Verbindung mit § 15 Ziff. 1 Satz 2 AbfS) mit der Folge, dass dies dann gegebenenfalls zu kleineren Abfallbehältern und damit nach dem Gefäßmaßstab - im Gegensatz zum Personenmaßstab bei Privathaushalten - zu niedrigeren Gebühren führt. Soweit im übrigen dennoch gewisse Gebührendifferenzen bei weitgehend gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Abfallbeseitigung nach der Satzung der Antragsgegnerin verbleiben, ist darin kein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu sehen. Denn sie liegen noch innerhalb der Toleranzzone, die von den gebührenrechtlichen Grundsätzen der Typengerechtigkeit und Verwaltungspraktikabilität gezogen wird; Leistungsgerechtigkeit in jedem Einzelfall muss nicht gegeben sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1981 - NVwZ 1982,622 (623); Lohmann, aaO., § 6 RdNr. 693). Für Härtefälle sieht § 19 Ziff. 2 AbfS in Verbindung mit §§ 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG, 227 Abs. 1 AO ohnehin die Möglichkeit vor, die Gebühren zu ermäßigen oder zu erlassen.

 

Rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Sonderregelung des § 17 Ziff. 1 Satz 3 AbfS, die sich systematisch in der Vorschrift über die "Bemessungsgrundlage für die Gebühren" befindet und den Personenmaßstab des § 17 Ziff. 1 Satz 1 AbfS ergänzen soll. Nach der genannten Vorschrift bleibt auf Antrag bei der Gebührenveranlagung das dritte und jede weitere Kind je Familienverband (nach den lohnsteuerrechtlichen Vorschriften) bis zum Ablauf des Jahres, in dem es das 16. Lebensjahr vollendet, unberücksichtigt. Zwar verbietet es der Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit, der Gebührenbemessung Kriterien zugrundezulegen, die Leistung und Gegenleistung nicht zueinander in Beziehung setzen. Deshalb ist bei kostenrechnenden kommunalen Einrichtungen, wie etwa der Abfallbeseitigung, eine soziale Gebührenstaffelung zu Lasten der übrigen Benutzer und Gebührenpflichtigen unzulässig (vgl. zur entsprechenden Problematik bei der Erhebung von Kindergartengebühren Senatsbeschlüsse vom 28. September 1976 - NJW 1977,452 (453); vgl. auch Lohmann, aaO. § 6 RdNr. 685; Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand 1990, § 6 RdNr. 752 mit weiteren Nachweisen). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Bei § 17 Ziff. 1 Satz 3 AbfS handelt es sich um eine sozial- bzw. familienpolitische Härteklausel, die sich im Vergleich zur allgemeinen Härtefallregelung des § 19 Ziff. 2 AbfS als Sondervorschrift darstellt und eine Billigkeitsentscheidung ermöglicht. Deshalb ist der entsprechenden Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin auch ein Antragsverfahren vorgeschaltet, das heißt, die Vergünstigung - Veranlagung zu einer geringeren Kopfzahl - wird nur auf Antrag gewährt. Entscheidend für die Unbedenklichkeit der Vorschrift und damit für ihre Gültigkeit ist dabei der Umstand, dass der entsprechende Gebührenausfall nicht zu Lasten der übrigen Gebührenpflichtigen geht - die Müllabfuhrgebührenkalkulation der Antragsgegnerin bleibt unberührt -, sondern von der Antragsgegnerin aus allgemeinen Deckungsmitteln getragen wird, wie sie ausdrücklich klargestellt hat (vgl. dazu Lichtenfeld, aaO., RdNr. 731 und 752; vgl. auch SenatsBeschluss vom 16. Oktober 1985 - 5 N 1/83, Umdruck S. 42 f, insoweit nicht veröffentlicht). § 17 Ziff. 1 Satz 3 AbfS berührt deshalb auch nicht die Gültigkeit der Gebührensätze gemäß § 18 AbfS. 

 

Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestehen schließlich auch keine rechtlichen Bedenken gegenüber der Gültigkeit des § 18 Ziff. 3 AbfS (Gebührenregelung für die Anschaffung von Müllsäcken). Nach dieser Bestimmung beträgt der Verkaufspreis für Müllsäcke 3,10 DM je Stück. Hiermit sind die Kosten für die Einsammlung und Beseitigung der Abfälle abgegolten (§ 18 Ziff. 3 S.2 AbfS). Der Antragsteller greift die Vorschrift mit der Begründung an, sie sei im Rahmen des Personenmaßstabes der Satzung inkonsequent, da sie auf die Abfallmenge abstelle. Die Müllsäcke müßten kostenfrei abgegeben werden. Dieser Einwand überzeugt nicht. Bei den von der Antragsgegnerin eingeführten Müllsäcken handelt es sich um zulässige Abfallgefäße im Sinne der Satzung (vgl. §§ 11 Ziff. 2b, 12 Ziff. 1, 13 AbfS; zur Zulässigkeit der Verwendung von Müllsäcken anstelle von festen Müllbehältern vgl. zuletzt Senatsurteil vom 7. März 1990 - HSGZ 1990,441 (443)), die aber nur ausnahmsweise verwendet werden dürfen, falls das Fassungsvermögen der vorhandenen Müllbehälter nicht ausreicht (vgl. § 13 Ziff. 1 Satz 1 AbfS); besteht regelmäßig höherer Bedarf an Gefäßvolumen, so gilt § 15 Ziff. 3 AbfS. Der Personenmaßstab des § 17 Ziff. 1 Satz 1 und die Benutzungsgebühr gem. § 18 Ziff. 1 AbfS sind zwar auf die Zahl der Grundstücksbewohner ("Köpfe") bezogen. Die Zuteilung von Gefäßvolumen pro Person erfolgt jedoch nicht unbegrenzt. Sie orientiert sich - wie bereits erwähnt - am Regelbedarf von maximal 40 l je Bewohner. Das Gebot der leistungsgerechten Differenzierung bei der Gebührenbemessung rechtfertigt für Zusatzleistungen die Erhebung eines Gebührenzuschlags oder einer Zusatzgebühr (vgl. Senatsurteil vom 2. November 1978 - 5 OE 99/76; Lohmann, aaO., § 6 RdNr. 686). Ein solcher Fall ist in § 18 Ziff. 3 AbfS geregelt. Der "Verkaufspreis" von 3,10 DM stellt nicht nur die wertmäßige Gegenleistung für den Müllsack dar, sondern ist zugleich - und in erster Linie - als Zusatzgebühr für die Teil- oder Sonderinanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Müllabfuhr zu qualifizieren. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. Mit dem Kauf eines Müllsackes gibt der Bürger konkludent zu erkennen, dass das zugeteilte Müllgefäß ausnahmsweise nicht ausreicht und mit dem gefüllten Müllsack die Leistungen der Müllabfuhr in Anspruch genommen werden sollen (vgl. Schön, aaO., § 10 Anm.9.9b, ff).

 

Nach alledem war der Normenkontrollantrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.